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Interview Prof. Kellner

Das erfolgreiche Arzt-Patienten-Gespräch

VisusVital-Interview mit Prof. Dr. Ulrich Kellner

Verstehen und verstanden werden: Was so einfach klingt, fällt uns im Alltag nicht immer leicht. Dabei ist gelungene Kommunikation so wichtig – vor allem, wenn es um die Bedürfnisse von Menschen mit Netzhauterkrankungen wie der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) geht. Im nachfolgenden Interview erläutert Prof. Kellner, was ein gutes Arzt-Patienten-Gespräch ausmacht und warum es für eine erfolgreiche Behandlung hilfreich ist, sich auf Arzttermine vorzubereiten.

 

Prof. Kellner

Prof. Dr. Ulrich Kellner

Herr Prof. Kellner, warum sollten sich Ihre Patienten auf ein Gespräch mit Ihnen vorbereiten?

Es kommt immer darauf an, warum Patienten zum Arzt kommen. Bei einem akuten Problem sind die Symptome präsent. Anders ist dies bei Sehstörungen, die länger bestehen, möglicherweise im Verlauf zunehmen oder auch wechselnd beeinträchtigen. In der Regel haben diese Patienten mit Angehörigen oder Freunden über ihre Sehprobleme gesprochen oder im Internet recherchiert – und dabei unterschiedliche, vielleicht widersprüchliche Informationen erhalten. Dieser Erfahrungshintergrund ist einem Arzt nicht ganz einfach zu vermitteln. Daher ist es gut, sich stichpunkartig zu notieren, was einen am meisten stört, von welchen Behandlungsverfahren man gehört hat und welche Bedenken und Sorgen möglicherweise daraus entstanden sind.

Denn in der akuten Arzt-Patienten-Situation wird manches dann doch vergessen. Hilfreich kann es auch sein, die Fragen vorab mit einer Vertrauensperson zu besprechen, die am Gespräch teilnimmt, und darauf achtet, dass alles geklärt wird.

 

Wann würden sie ein Arzt-Patienten-Gespräch aus Ihrer Sicht als erfolgreich bezeichnen?

Ein Arzt-Patienten-Gespräch ist aus meiner Sicht erfolgreich, wenn Patienten die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten ihrer Sehprobleme verstehen – unabhängig davon, ob diese sich dann für eine vorgeschlagene Behandlung entscheiden oder nicht. Man muss aber auch akzeptieren, dass Patienten und Ärzte nur Menschen sind. Manchmal kommt es vor, dass Gespräche nicht funktionieren. Dies muss man erkennen, akzeptieren, besprechen und den betreffenden Patienten einen anderen Arzt empfehlen.

 

Was ist für Sie der wichtigste Erfolgsfaktor für Arzt-Patienten-Gespräche?

Wie in jedem Gespräch zwischen einem Menschen der Hilfe sucht, und einem Menschen, der helfen will: Zuhören. Zuhören und nicht sofort unterbrechen und erklären. Viele Studien haben gezeigt, dass die Zeit, bis Ärzte ihre Patienten in einem Gespräch unterbrechen, deutlich unter einer Minute liegt. Wichtig ist auch, das Gefühl von Schuld zu nehmen, wenn Patienten eine sinnvolle Behandlung zu lange aufschieben. Dann muss man für das andere Auge erklären, dass es beim nächsten Mal besser wäre, früher auf Symptome zu reagieren. Und: Auch Ärzte ignorieren schon mal Warnsymptome wider besseren Wissens. Die Fehleinschätzung eines Symptoms durch einen Patienten ist daher zu akzeptieren. Mehr Salz in der Wunde ist auch nicht hilfreich für die Heilung.

 

Welcher Themenbereich ist für Patienten der erklärungsbedürftigste?

Auf diese Frage gibt es keine pauschale Antwort. Es ist schwierig, Patienten zu erklären, dass die wiederholt notwendigen Injektionsbehandlungen mit der bisher gewohnten familiären Urlaubs- und Reiseplanung kollidieren. Es ist schwierig zu erklären, dass sie möglicherweise ab sofort kein Kraftfahrzeug mehr führen dürfen und dass sie ihren Wunschberuf nicht ausüben oder in ihrem aktuellen Beruf nicht mehr weiterarbeiten können. Dass ihre Erkrankung nicht heilbar ist. Diese Liste ließe sich beliebig fortführen, denn Makulaerkrankungen verändern das Leben in vieler Hinsicht. Darüber hinaus gibt es die Schwierigkeit, dass die medizinisch korrekte Information nicht akzeptiert wird, weil sie nachvollziehbar schwierig zu akzeptieren ist. Dann kann man nur ein ergänzendes Gespräch oder die Beratung durch andere Ärzte vorschlagen.

 

Verweisen Sie häufig auf andere Informations- und Serviceangebote für Patienten? Wenn ja, auf welche?

Dies handhabe ich sehr individuell – sowohl in Bezug auf die Erkrankung als auch auf den jeweiligen Patienten. Für eine Reihe von Erkrankungen gibt es spezielle Selbsthilfegruppen und Internetangebote, für andere eher Interneterfahrungen, vor denen man warnen muss. Ich persönlich setzte vor allem auf ein gutes Gespräch. Aber hier ist die individuelle Erfahrung von Ärzten im Umgang mit Ihren Patienten gefragt – es gibt viele Wege der Kommunikation, und nicht für alle ist der gleiche Weg der richtige.

 

Prof. Dr. med. Ulrich Kellner ist ärztlicher Leiter und Geschäftsführer des MVZ Augenärztliches Diagnostik- und Therapiecentrum Siegburg, Zentrum für seltene Netzhauterkrankungen.

 

 

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